Der leichte Funktionsschuh Venture von Keen im Test

Zuletzt aktualisiert am 6. April 2024

Im Mittelgebirge des Hochsauerlands, auf Alpwegen im Allgäu und einem Klettersteig am Gardasee. Der Funktionsschuh Keen Venture im Test.


«Unser bislang progressivster und leichtester Funktionsschuh. Entwickelt mit dem Ziel mehr Leistung und Vielseitigkeit für dein Abenteuer zu bieten. Ausgestattet mit allen Eigenschaften, um kniffliges Gelände zu meistern.»

So weit die Ansage des 2003 in Kalifornien gegründeten Schuhunternehmens. Von der Zuverlässigkeit der Wanderschuhe Targhee und Terradora konnte ich mich im vergangenen Jahr bereits überzeugen. Nun habe ich mir einen Eindruck über die Verarbeitung und Funktion des neuen Venture von Keen machen können. Dabei habe ich den Venture ohne Schaft (Low Cut) getestet, wenngleich es auch eine Mid Cut Variante in der Venture Kollektion gibt. Leistet der Keen Venture wirklich das, was die Werbung verspricht?

Der Venture von Keen in Dark Cheddar:Raven
Der Venture von Keen in Dark Cheddar:Raven

Im Gelände gehören Funktionsschuhe mit Low Cut, also ohne Schaft, im Grunde nicht zu meinen Favoriten. Ich bevorzuge mindestens Mid Cut Varianten, da diese den zusätzlichen Schutz vor dem Umknicken in anspruchsvollem Gelände bieten. Daher kommen Schuhe mit Low Cut bei mir eher im Bereich Trailrunning oder leichten Wanderungen in der Ebene zum Einsatz. Um diesen Allrounder zu testen, habe ich mich aber dennoch in technischem Gelände bewegt, um die Sohle und das Drumherum in Sachen Halt und Griffigkeit an die Grenzen zu bringen.


Hinweis: Gemäß dem Outdoor-Blogger-Codex weise ich in jedem meiner Artikel darauf hin, falls ein Test finanziell unterstützt wurde. So auch in diesem Fall. Die Schuhe wurden mir zu Testzwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Unterstützung hat keinerlei Auswirkung auf das Ergebnis und die redaktionelle Unabhängigkeit meines Beitrags. Dieser Blogbeitrag enthält außerdem Affiliate-Links. Das bedeutet, dass ich beim Aufruf dieser Links und einem anschließenden Kauf eine kleine Provision erhalte. Für Dich entstehen dabei keine Kosten.


Der erste Eindruck des Venture Funktionsschuh

Der Venture besticht gleich auf den ersten Blick durch seine Optik. Klar. Der orangefarbene Schuh fällt auf. Genauer gesagt die getestete Variante Dark Cheddar/Raven. Wenngleich es den Schuh auch in gesetzteren Farben wie oliv und schwarz oder auch in einem leuchtenden blau gibt.

Das Obermaterial und die eingearbeiteten Rippen erwecken einen robusten und wasserdichten Eindruck. Das bestätigt letztlich auch die eingearbeitete wasserdichte und atmungsaktive KEEN.DRY-Membran. An den neuralgischen Punkte ist das Obermaterial zusätzlich mit einem gummiartigen Überzug verstärkt. So zum Beispiel im Bereich der Ferse, der Schnürung und der Zehenkappe. Apropos Schnürung: Die oberste Lasche ist aus Metall gearbeitet. Am Ende der Metallöse ist der Ballen- und Fersenbereich mit einer Art Seilzug versehen. Durch das Zuschnüren und das Festziehen dieser oberen Lasche ist wird der gesamte Fersenbereich fixiert und dadurch stabilisiert. Eine Technik, die ich in abgewandelter Form bei meinem Targhee-Test bereits beschrieben habe. KonnectFit nennt Keen dieses Feature.

Die Sohle des Schuh ist vollflächig mit dem Oberschuh verklebt. Das führt zwar dazu, dass die Sohle nicht gewechselt werden kann, erhöht aber laut Hersteller die Haltbarkeit und Lebensdauer des Schuhs in seiner Gesamtheit. In Sachen Sohle geht Keen ohnehin eigene Wege. Im Vergleich zu anderen Herstellern wird nicht auf gängige Vibram-Sohlen zurückgegriffen. Keen entwickelt seine eigenen Sohlen. In diesem Fall die KEEN.All-Terrain-Gummilaufsohle mit Multifunktionsstollen. Die wabenähnlich angebrachten Stollen sorgen für den entsprechenden Grip im Gelände.

Soweit der erste Eindruck und einige technischen Details. Wie aber schlägt sich der Keen Venture in der Praxis?

Vom Fast-Hiking und genußvollem Slow-Walking

Die Tatsache, dass ich Fast-Hiking und Trailrunning liebe, habe ich schon in diversen Beiträgen beschrieben. So zum Beispiel bei meiner Speed-Hiking Tour über die Sonnenköpfe. Im Trailrunning-Bereich habe ich in der Vergangenheit immer mehr auf Barfußschuhe wie die Fivefingers von Vibram oder den Funktionsschuh von Joe Nimble gesetzt. Die Gefahr des Umknickens ist hier weit weniger gegeben. Das Laufen, vielmehr die Verbindung mit dem Untergrund und damit das Lauferlebnis, ist einfach viel intensiver.

Da es aber nicht immer im schnellen Laufschritt durch die Welt geht, sind für Ausflüge und kleine Wanderungen Mid Cut Schuhe natürlich ideal. Und genau hier habe ich den Venture unter anderem getestet.

Ich war mit dem Schuh im wunderschönen Hochsauerland, genauer gesagt rund um Willingen unterwegs. Dort kam der Venture auf einem Teilabschnitt des Uplandsteigs zum Einsatz. Das kühle, neblige Wetter am ersten Tag und der dadurch feuchte, schottrige Untergrund, waren der erste Prüfstein. Und den hat der Keen-Schuh bestens gemeistert. Der Grip war auch auf dem feuchten Untergrund top. In nassem Gras gab es auch hinsichtlich der KEEN.DRY-Membran nichts auszusetzen. Die Dämpfung der Sohle hat die Unebenheiten locker weggesteckt.

Ein anderer Untergrund lag am Gardasee vor. Ein paar Kilometer von Arco entfernt, in der Nähe des Tenno-Sees. Wurzeln, Waldboden, Asphalt und auch Schotter. Diesmal aber trocken. Auch hier zeigte sich der Schuh von einer gutmütigen Seite. Die für einen Sportschuhrecht feste und steife Sohle hat den unebene Untergrundgut geschluckt. Ohne dabei den Komfort vermissen zu lassen. Auch der Halt auf den wechselnden Bodenbelägen war zu jederzeit gegeben. Beim bergauf und normalen abwärts laufen.

Der Keen Venture im Outdoor-Einsatz
Der Keen Venture im Outdoor-Einsatz

 

Ein kleines, aber nicht zu unterschätzendes Detail: die Schnürsenkel halten einfach gut. Das ist mir bei meinem letzten Keen-Test schon aufgefallen. Normalerweise mache ich immer einen Doppelknoten. Bei Keen ist das nicht notwendig. Die Schnürsenkel halten einfach mit einmal zuschnüren perfekt.

Jetzt geht es ans Eingemachte

Die Wanderungen in meiner Heimat und auf dem Diemelsteig im Hochsauerland haben schon einmal gute Ergebnisse geliefert und den guten ersten Eindruck mit Leistung untermauert. Wie aber schlägt sich der Funktionsschuh im absoluten Grenzbereich? Auf einem kleinen Klettersteig, der Via Ferrata Cascata Rio Ruzza, habe ich es ausprobiert.

In der Regel gehe ich Klettersteige grundsätzlich mit wirklich dafür ausgelegten Schuhen. Da der Steig entlang des Wasserfalls aber nur 30 Höhenmeter lang ist, konnte ich ihn wunderbar für den Test des Keen Venture nutzen. Fels, Eisen, Drahtseile. Dazu extrem unebene Stellen. Kurz gesagt: der absolute Grenzbereich für leichte Funktionsschuhe.

Auf Fels hat die Sohle des Keen Venture eine wirklich gute Figur gemacht. Guter Grip und flexibel genug, um sich dem Untergrund anzupassen. Dieser Vorteil ist aber im nächsten Schritt ein Nachteil. Ich hab ja bereits beschrieben, dass die Sohle für einen Funktionsschuh relativ fest ist. Aber eben nicht so fest wie die Sohle eines echten Klettersteig-Schuhs. Und daher war sie für die die Eisenklammern einfach zu weich, was zu einem unangenehmen punktuellen Druck auf der Fußsohle führt. In solchen extremen Situationen, bei einer einseitigen Belastung, verformt sich der Schuh dann aber doch. Das geht zu Lasten der Seitenstabilität. Am liebsten liegt er einfach plan auf.

Der Grip hingegen war auch auf Eisen und sogar auf der plattenartig bestückten Seilbrücke sehr gut. Somit bin ich davon überzeugt, dass der Schuh auf auf kleinen Eisentritten, die als Steighilfen in ganz normale Wege verbaut werden, wunderbar funktioniert.

Die technischen Daten und Produktmerkmale des Schuhs

Bei meinen Tests kann ich natürlich immer nur meine persönlichen Eindruck in Punkto Funktionsweise, Bequemlichkeit, etc. wiedergeben. Daher hier noch als Ergänzung die Ausstattung des Keen Venture laut Hersteller, bevor ich zu meinem Fazit komme:

  1. Obermaterial: Performance-Mesh mit TPU-Verstärkungen für lange Haltbarkeit
  2. atmungsaktives Mesh-Futter
  3. KEEN KonnectFit-System zur sicheren Fersenfixierung
  4. EVA-Zwischensohle für leichtgewichtige Dämpfung
  5. wasserdichte, atmungsaktive KEEN.DRY-Membran
  6. herausnehmbares Fußbett aus doppelt verdichtetem PU mit Gewölbeunterstützung
  7. Stabilisierungsplatte
  8. CleansportNXT für natürliche Geruchskontrolle
  9. Schnellzughaken
  10. niedrigere hintere Schafthöhe beim Midcut für die Entlastung der Achillessehne
  11. griffige KEEN.All-Terrain-Gummilaufsohle mit 4 mm Multifunktionsstollen für sicheren Grip

Mein Fazit

Für einen Trailrunner oder einen Running-Schuh wie ich ihn kenne, ist der Venture vom Obermaterial und auch der Sohle her eher steif. Als reinen Trailrunning-Schuh würde ich ihn daher nicht einsetzen. Dafür punktet er mit genau dieser Eigenschaft aber als technischer Wanderschuh. Der Schuh ist gutmütig und spielt bei allen Untergründen mit. Aus meiner Sicht ist sein optimaler Lebensraum auf Weitwanderwegen wie dem Moselsteig oder auf leichten Bergwanderungen zu finden. Ich persönlich würde aber in jedem Fall die Mid Cut Variante wählen. Das ist aber sicher Geschmacksache.

Die Schnürung und der Halt des Schuhs haben mich auf normalem Terrain definitiv überzeugt. In stark abfallendem und technisch schwierigem Gelände komme ich mit dem Schuh ein Stück über den Grenzbereich. Was aber durchaus an der gestesten Low Cut Variante liegen mag.

Die Wäremeentwicklung bemängle ich bei fast jedem Schuh. So auch bei diesem. Wasserdichte Schuhe entwicklen im inneren einfach eine Stauwärme. Atmungsaktiv ist dabei für meine Begriffe keiner meiner Schuhe. Dafür aber eben wasserdicht.

Einen für mich in der Tat noch sehr entscheidenden Punkt habe ich fast vergessen. Bequemlichkeit. Das ist natürlich sehr subjektiv. Aber ich bin in die Schuhe geschlüpft und war sofort daheim. So etwas hatte ich bisher immer bei Salomon Trailrunning Schuhen. Der Keen Venture hält in dieser Disziplin aber bestens mit. Die Dämpfung ist einwandfrei und das gewölbte, herausnehmbare Fußbett, passt sich unterstützend dem Fußprofil an.

Kurzum: für mich ist der Keen Venture ein wunderbarer Funktionsschuh für nicht allzu technisches Gelände. Ein treuer und zuverlässiger Begleiter der auf normalen Wanderungen super Halt und Stabilität bietet. Mit der UVP liegt er auch preislich im Rahmen und ist eine starke Alternative zu den bekannteren Vertretern dieser Schuhart.

 

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